Symposium des Vereins zur Verzögerung der Zeit
25.09.-28.09.2025
Wagrain/Salzburg
Zeit für Geschichte(n)
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Liebe Mitglieder,
Zeit für Geschichte(n), ist der Titel unserer diesjährigen Zeitgespräche, mit denen wir zugleich das 35-jährige Bestehen des Vereins feiern. Dazu laden wir Sie herzlich vom 25. bis 28. September 2025 nach Wagrain/Salzburg ein.
Geschichte ist mehr als die Aneinanderreihung von Ereignissen, sie ist die aus den Erlebnissen der Vergangenheit gewobene Erzählung. Welche Geschichten wir erzählen, wer sie erzählt und warum sie erzählt werden, ist entsprechend von grundlegender Bedeutung für unser Verständnis der Gegenwart und unserer Idee von der Zukunft. In einer Zeit, in der Vertreterinnen nationalistischer und rechtspopulistischer Parteien wie AfD und FPÖ historische Narrative politisch umschreiben oder neu aufladen und „Storytelling“ in den (sozialen) Medien und der Wirtschaft ein entscheidender Erfolgsfaktor ist, nutzen wir die Zeitgespräche, um uns intensiv mit der Bedeutung von Geschichte(n) auseinanderzusetzen. Auch anlässlich des 35. Geburtstags des Vereins zur Verzögerung der Zeit stellen sich auf Vereinsebene ähnliche Fragen wie gesamtgesellschaftlich: Wie können wir alte Geschichten weitererzählen, ohne in der Vergangenheit zu verharren? Wie können wir neue Perspektiven und junge Stimmen integrieren, ohne das Gewachsene zu verlieren?
„Zeit für Geschichte(n)“ ist also gleichermaßen eine Einladung, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, wie auch ein Appell, darüber nachzudenken, wie wir als Gesellschaft die Geschichten von gestern mit denen von heute und morgen verbinden können. Denn der Umgang mit Geschichte ist sowohl in der Geschichtsschreibung als auch im Alltagsdiskurs ein gestalterischer Akt.
Zwischen Kollektiv und Krise
Geschichtenerzählen ist ein zentrales Merkmal der menschlichen Evolution. Geschichten dienen der Weitergabe von Wissen und Werten und fungieren als Bindeglied zwischen Generationen. Darüber hinaus ist das Erzählen von Geschichten ein entscheidendes Werkzeug, um Gemeinschaft zu stiften und kollektive Identitäten zu formen (siehe: Erzählende Affen – Mythen, Lügen, Utopien – wie Geschichten unser Leben bestimmen von Friedemann Karig & Samira El Ouassil, 2021). Eine gemeinsame Geschichte verbindet, stiftet ein soziales Sinnerleben und ermöglicht kollektives Handeln in der Zukunft.
Byung-Chul Han (2023) folgend sind kollektive Geschichten zunehmend bedroht. Individualisierung und damit einhergehende Selbstinszenierungen, die Verfügbarkeit und der Fokus auf (sich z.T. widersprechende) Informationen und Kommerzialisierung von Geschichten führen die Gesellschaft in „ein narratives Vakuum, das sich als Sinnleere und Orientierungslosigkeit äußert“ (Han 2023). Diese Krise stellt uns vor die Frage, wie wir dennoch eine kollektive Erzählung entwickeln können, die uns als Gesellschaft zusammenhält, ohne die Vielfalt der Perspektiven und die Widersprüchlichkeit der einzelnen Geschichten zu überblenden.
Anhand dieser Fragen und einiger Impulse von fachkundigen Expertinnen wollen wir gemeinsam erörtern, welche Bedeutung Geschichten heute zukommt: Als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart; als Möglichkeit, Selbstinszenierungen, Überinformation und Kommerzialisierung zu überwinden; als Chance, die Zukunft aktiv mitzugestalten.
Von der Geschichtsschreibung und dem Umgang mit Erbe und Identität
In vielen Teilen Europas gewinnen populistische Bewegungen und nationalistische Strömungen an Einfluss und sind dabei, das zivilisatorische Projekt rückzubauen oder gar einzureißen. Der Rechtspopulismus in Deutschland und Österreich lebt von einer selektiven und oft verzerrten Interpretation der Geschichte. Mit deren Hilfe wird gezielt eine Vorstellung von Identität geschaffen, die exklusiv, rassistisch oder xenophob ist. Aber auch der Kolonialismus hat – noch immer tiefe – Spuren in der kollektiven Erinnerung hinterlassen. Welche Geschichten aus dieser Vergangenheit werden anerkannt, welche verdrängt, und welche finden im Diskurs der Gegenwart Platz? Ein differenzierter Blick auf diese Fragen ist wichtig, um den politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen von heute zu begegnen. Welche Erzählungen über unsere Vergangenheit legitimieren die politische Agenda der Gegenwart?
Bei den diesjährigen Zeitgesprächen wollen wir ebenfalls einen kritischen Blick auf diese historischen Erzählungen werfen und hinterfragen, wie wir als Gesellschaft mit Geschichte umgehen können, um von den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und Zukunft im Sinne eines zivilisatorischen Fortschritts zu gestalten.
Geschichte(n) als Quelle der Hoffnung und Inspiration
Bei aller kritischen Auseinandersetzung mit dem Erzählen von Geschichte(n) bleibt auch Hoffnung: Geschichte(n) als Quelle der Inspiration, Geschichten am Lagerfeuer, Geschichten, die Verbindungen schaffen und uns anregen, an das Gute im Menschen und an die Kraft der Gemeinschaft zu glauben. Denn die Geschichte(n), die Hoffnung stiften und Freude schenken, die uns schlichtweg unterhalten, sind ebenso wichtig. Die „Heldenreise“, ein so typisches Phänomen der westlichen Erzähltradition, das den Weg eines Helden von der Unwissenheit zur Erkenntnis, von der Dunkelheit zum Licht beschreibt, steht gleichsam als Symbol für den universellen Wunsch, durch das Erleben von Geschichten eine Transformation zu erfahren.
Begleiten Sie uns auf diese Reise durch Geschichte und Geschichten, bei der wir die Vergangenheit beleuchten, die Gegenwart hinterfragen und die Zukunft gestalten. Dann senden Sie uns das beiliegende Anmeldeformular zu! Ihr Zimmer können Sie – wie immer – direkt beim Sporthotel Wagrain reservieren.
Kommen, lauschen, diskutieren und erzählen Sie mit uns!